Tiktokerin Saphira und Tiktoker Säli vom RBB sprechen mit Steuben-Schülern über Körper, Sexualität und Beziehung
„Was ist die beste Verhütungsmethode?“ „Ist die sexuelle Orientierung angeboren?“ „Wie kann ich als Muslim offen über meine Sexualität sprechen?“ „Was mache ich, wenn sich in meiner Beziehung etwas komisch anfühlt?“
All das sind Fragen, die viele Jugendliche beschäftigen. In der 8. Klasse steht das Thema Sexualerziehung in Biologie an. Begriffe werden erlernt und sexuell übertragbare Krankheiten unterrichtet. Grundwissen also. Doch wie die Theorie im privaten Alltag angewendet werden kann, vermag der Unterricht schwer zu vermitteln. Noch dazu in einer digitalisierten und globalisierten Welt.
„Die meisten Jugendlichen suchen deshalb oft im Internet nach Hilfe“, weiß Joschka Waas zu berichten. Er ist seit acht Jahren Schulsozialarbeiter an der Steuben-Gesamtschule. „Doch dort finden sie allerdings oft Falschinformationen, und in ihren Eltern sehen junge Leute heutzutage immer weniger die passenden Ansprechpartner“.
Für den Tag vor den Halbjahreszeugnissen haben die drei Schulsozialarbeiter_innen deshalb ganz besondere Gesprächspartnerinnen eingeladen. Zu Besuch waren Säli und Saphira vom Tiktok-Kanal „Safespace“. Tiktok ist für viele Jugendliche einer der wichtigsten Kurz-Video-Dienste. Neben viel Musik gibt es dort seit 2020 auch den Kanal „Safespace“. Er wird vom RBB verantwortet und produziert kurze Videos rund um Körper, Sexualität, Hygiene, Freundschaft, Beziehung. Über 135.000 Personen folgen dem Kanal mittlerweile.
„Das Besondere an diesem Kanal ist nicht nur die Kombination aus Thema, Social Media und öffentlichem Rundfunk“, findet Ersa Syla, seit Schuljahresbeginn ebenfalls im Sozialarbeiterteam. „Vor allem die persönlichen Geschichten der zwei Macherinnen sprechen unsere Jugendlichen an und ermutigen sie“. Säli zum Beispiel ist Muslimin und junge Ärztin, ihre Eltern kommen aus Ägypten. Sie trägt Kopftuch und redet im Internet offen und professionell über ihre eigenen Erfahrungen.
Genug Stoff also, um mit den Schüler_innen der 8. Klassen an diesem Tag ins Gespräch zu kommen. Dafür haben die Sozialarbeiter die Sporthalle ein Wohnzimmer verwandelt: Zwei Sofas stehen auf der Bühne, sogar eine Wohnzimmerlampe und ein Teppich sind aufgebaut und vermitteln eine gemütliche Atmosphäre.
Nach einer kurzen Vorstellung trauen sich zunächst erst wenige, dann immer mehr Jugendliche, ihre Fragen auf Kärtchen zu schreiben und vorlesen zu lassen. Schnell entsteht eine lebendige Frage-Antwort-Runde, die Schüler_innen haben offenbar viel Gesprächsbedarf. Es geht darum, wie sie mit ihren Gefühlen, Ängsten und Sorgen umgehen können. Themen wie das „Erste Mal“, Pornografie, Schwangerschaft und Versagensängste werden angesprochen. Die Tiktokerinnen reagieren professionell und bestärkend. Sie erklären, wann man zum Arzt sollte, wer bei Problemen helfen kann. Sie ermutigen sie, ihre Gefühle ernst zu nehmen und sich nicht von anderen unter Druck setzen zu lassen. „Ob und wann du Sex haben willst, entscheidest allein du“, betont zum Beispiel Saphira im Gespräch.
„Das starke Interesse zeigt, dass die Rolle der Schule beim Thema Sexualaufklärung eine immer wichtigere Rolle einnimmt“, stellt die Integrations-Sozialarbeiterin Katharina Klotz fest. „Dort fehlen den Jugendlichen jedoch Vorbilder und Ansprechpartner, die selbst auch Migrationserfahrungen haben. Nur sie können auf die kulturellen Fragen, die sich im Alltag ergeben, kreative und passende Antworten geben“, ist sie überzeugt.
Und was sagen die Jugendlichen selbst? „Es hat mega Spaß gemacht“, steht am Ende auf einem Zettel. „Können wir das noch mal wiederholen?“, fragt eine andere Schülerin. Und am Ende werden natürlich noch viele Selfies gemacht.
Wer selber mal reinschauen möchte: scannt den QR-Code und sieht sich die Videos von „Safespace“ an.